Verlust der Insolvenzantragspflicht nach § 6 II Nr. 3 GmbHG?
Praxis: Verlust der Insolvenzantragspflicht nach § 6 II Nr. 3 GmbHG?
Gerade die derzeit bei einigen Insolvenzgerichten anhängigen Insolvenzantragsverfahren von gescheiteren Kapitalanlagesystemen mit strafrechtlichen Verquickungen (z.B. S&K und Trend Capital) zeigen die Schwierigkeit einer wirksamen Insolvenzantragstellung. Diese Systeme zeichnen sich durch eine Vielzahl von Gläubigern im Range des § 39 InsO aus. Forderungen gem. § 38 InsO sind dagegen kaum vorhanden, sodass mit Insolvenzanträgen der institutionellen Gläubiger wie Finanzämtern und Krankenkassen eher nicht zu rechnen ist. Die Anleger schrecken aufgrund einer möglichen Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter meist von einer Antragstellung zurück. Es verbleibt daher der Antrag der Vertretungsorgane. Sofern diese bereits in Untersuchungshaft sitzen, ist alleine schon eine den Formalien genügende Antragstellung schwierig. Sollte sogar schon eine Verurteilung der Geschäftsführer erfolgt sein, ist zwingend die Regelung des § 6 II Nr. 3 GmbHG zu beachten. Bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr in einer der Katalogstraftaten entfällt die Fähigkeit zur Führung einer Kapitalgesellschaft. Der Geschäftsführer verliert sein Amt, ohne dass es eines weiteren gesellschaftsrechtlichen Aktes oder der Kenntnis der Gesellschafter bzw. des vermeintlichen Geschäftsführers bedarf (Heybrock, Praxiskommentar zum GmbH-Recht, § 6 GmbHG, Rn. 18). Damit wäre die Gesellschaft führungslos. Da sich Kapitalanlagebetrugssysteme durch eine auswuchernde Konzernstruktur auszeichnen und in den Gesellschaften meist die gleichen Beteiligten Organstellungen innehaben, geht die Antragspflicht nach § 15a III InsO für den Gesellschafter gleichfalls ins Leere, da auch diese Gesellschaften führungslos sind. Dies führt letztlich zum unbilligen Ergebnis, sollte man das Fortbestehen der Antragspflicht verneinen (Klöhn in Münchener Kommentar zum Insolvenzrecht, § 15 Rn. 9; a. A. FK-InsO/Schmerbach, § 15 Rn. 15), dass die bereits verurteilten Organe gänzlich von ihren Pflichten zur Insolvenzantragstellung befreit würden.
In der Literatur wird daher vorgeschlagen, im Falle der Nichtigkeit der Bestellung eines Organmitglieds nicht von einer Führungslosigkeit der Gesellschaft im Sinne der Insolvenz ordnung auszugehen, wenn der Bestellte tatsächlich und mit Wissen der Gesellschafter für die Gesellschaft tätig ist (Schmerbach in Frankfurter Kommentar zur InsO, § 15a Rn. 15; Berger, ZinsO 2009, 1977, 1980; Schmahl, NZI 2008, 6, 7). Demnach verbliebe es bei einem Antragsrecht bzw. einer Antragspflicht des ehemaligen Geschäftsführers. Letztlich käme auch die Qualifizierung des ehemaligen Geschäftsführers als faktischer Geschäftsführer in Betracht. Dessen Antragspflicht ist anerkannt (BGH, Urt. v. 11.07.2005, Az. II ZR 235/03). In einer nicht rechtskräftigen Entscheidung wurde jedoch das Antragsrecht des nach § 6 II Nr. 3 GmbHG ausgeschlossenen Geschäftsführers verneint und der Insolvenzantrag als unzulässig zurückgewiesen.
Florian Bandrack
Rechtsanwalt