Unentgeltlichkeit der Tilgung einer fremden Schuld
Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 17.10.2013 – IX ZR 10/13
Die Tilgung einer fremden Schuld kann unentgeltlich sein, auch wenn der Empfänger an den Zahlenden Leistungen erbracht hat, sofern sich der Zahlungsempfänger hierzu nur gegenüber seinem Schuldner verpflichtet hatte.
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 06.09.2007 eröffneten Insolvenzverfahren der W-GmbH. Der Beklagte war Arbeitnehmer einer Schwestergesellschaft der Schuldnerin. In seinem Anstellungsvertrag hatte sich der Beklagte einverstanden erklärt, zeitlich befristet auch in Schwestergesellschaften tätig zu sein. Im Februar und März 2007 erbrachte der Beklagte Arbeitsleistungen für die Schuldnerin und erhielt sein Gehalt von der Schuldnerin ausgezahlt. Diese beiden Gehaltszahlungen hat der Insolvenzverwalter angefochten. Die Klage wurde in zwei Instanzen abgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung der Entscheidungen und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
Die Anfechtung wurde auf § 134 Abs. 1 InsO gestützt. Die Klage wurde mit dem Argument abgewiesen, dass der Beklagte mit seiner Arbeitsleistung eine ausgleichende Gegenleistung erbracht habe. Nach der st.Rspr. des BGH ist bei der Beurteilung, ob eine Leistung unentgeltlich erfolgte, zwischen 2-Personen-Verhältnis und 3-Personen-Verhältnis zu unterscheiden. Im 2-Personen-Verhältnis ist eine Verfügung als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließen soll. Wird eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Leistende selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat, maßgeblich ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat.
Im Streitfall lag ein 3-Personen-Verhältnis vor. Die Schuldnerin hatte den Vergütungsanspruch des Beklagten gegen die Schwestergesellschaft erfüllt und damit eine fremde Schuld getilgt: sie war nicht zur Lohnzahlung gegenüber dem Beklagten verpflichtet, letzterem stand ein Zahlungsanspruch nur gegenüber seiner Arbeitgeberin zu. Ob die vom Beklagten erbrachten Arbeitsleistungen als Gegenleistung angesehen werden konnten, konnte nicht abschließend festgestellt werden. Diese Frage hängt davon ab, ob zum Zeitpunkt der Zahlungen eine werthaltige Forderung des Zahlungsempfängers gegenüber seinem Schuldner bestand, die infolge der Zahlungen der Insolvenzschuldnerin erlosch.
Oliver Willmann
Rechtsanwalt