Art. 3 Abs. 1 EUInsVO gilt nicht für Insolvenzanfechtungsklagen
Rechtsprechung: BGH, Beschluss vom 03.06.2014 – II ZR 34/13
Art. 3 Abs. 1 EUInsVO gilt nicht für Insolvenzanfechtungsklagen, sondern für alle Verfahren, die unter den Begriff der Insolvenz nach Art. 1 Abs. 1 EuInsVo fallen. Dies gilt auch für Ansprüche aus § 64 Satz 1 und § 43 Abs. 3 GmbHG.
Der BGH hat die eingelegte Revision nicht angenommen, die sich gegen die internationale Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts wendete. Im Kern ging es um Ansprüche des Insolvenzverwalters gegenüber der Geschäftsführerin der Schuldnerin, die ihren privaten Wohnsitz in der Schweiz hatte, die Schuldnerin ihren Wohnsitz jedoch in Deutschland. Der BGH ist der Auffassung, dass sich eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO) ergibt. Für die Anwendbarkeit der Verordnung genügt es entgegen der Ansicht der Revision, dass die Insolvenzschuldnerin ihren Sitz in einem Mitgliedstaat hat.
Nicht erforderlich ist ein Binnenbezug in dem Sinn, dass sich eine Klage gegen eine Partei richtet, die ihren Wohnort oder Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf eine Vorlage des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 21. Juni 2012 – IX ZR 2/12, ZIP 2012, 1467) mit Urteil vom 16. Januar 2014 (ZIP 2014, 181) für eine Insolvenzanfechtungsklage gegen einen Anfechtungsgegner, der seinen Wohnsitz ebenfalls in der Schweiz hatte, entschieden, dass das angerufene deutsche Gericht nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO zuständig ist. Der Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 EuInsVO verlange nicht, dass der zu entscheidende Sachverhalt Anknüpfungspunkte zu zwei oder mehreren Mitgliedstaaten aufweise, und auch der Sinn und Zweck der Verordnung, die Verbesserung der Effizienz und Wirksamkeit der Insolvenzverfahren mit grenzüberschreitender Wirkung, und speziell das Ziel des Art. 3 EuInsVO, die Vorhersehbarkeit der gerichtlichen Zuständigkeit und damit die Rechtssicherheit zu fördern, erfassten jeden grenzüberschreitenden Sachverhalt (EuGH, ZIP 2014, 181 Rn. 25 ff.). Der Bundesgerichtshof ist dem mit Urteil vom 27. März 2014 (IX ZR 2/12) gefolgt. Der BGH ordnet die Geltendmachung von Ansprüchen aus § 64 Satz 1 und § 43 Abs. 3 GmbHG als Konkurs- bzw. Insolvenzsachen ein und führt aus, dass sich die Entscheidung des Gerichtshofs nicht auf die Besonderheiten der Insolvenzanfechtung begrenzt. Vielmehr fallen unter Art. 3 Abs. 1 EuInsVO alle Sachverhalte, die unter den Begriff der Insolvenz nach Art. 1 Abs. 1 EuInsVO fallen.
Oliver Willmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht