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    Beurteilung einer Überschuldung

    Betriebswirtschaft: Beurteilung einer Überschuldung (§ 19 InsO)

    Überschuldung als Insolvenzeröffnungsgrund liegt nach § 19 Abs. 2 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Sofern eine positive Fortbestehensprognose vorliegt, d.h. die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist und somit keine drohende Zahlungsunfähigkeit gegeben ist, liegt eine Überschuldung nicht vor. Bereits aus der Verflechtung zur „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ als eigener Insolvenzeröffnungsgrund nach § 18 InsO ergibt sich für die „Überschuldung“ eine grundsätzlich geringe praktische Bedeutung. Die inhaltliche Ausgestaltung der Überschuldungsprüfung ist im Gesetz lediglich rudimentär geregelt. Zur Erreichung einer nachvollziehbaren Beurteilung ist ein sachgerechtes, methodisches Vorgehen erforderlich. Die Überschuldungsprüfung erfordert in aller Regel ein zweistufiges Vorgehen: Auf der ersten Stufe sind die Überlebenschancen des Unternehmens in einer Fortbestehensprognose zu beurteilen. Bei einer positiven Fortbestehensprognose liegt keine Überschuldung i.S.d. § 19 Abs. 2 InsO vor. Im Falle einer negativen Fortbestehensprognose sind auf der zweiten Stufe Vermögen und Schulden des Unternehmens in einem stichtagsbezogenen Status zu Liquidationswerten gegenüberzustellen. Bei einer negativen Fortbestehensprognose liegt drohende Zahlungsunfähigkeit vor. Dabei sind im Zusammenhang mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit die gleichen Anforderungen an die Fortbestehensprognose zu stellen wie bei dem Insolvenztatbestand der Überschuldung. Die Formulierung in § 19 Abs. 2 InsO stellt darauf ab, ob der Fortbestand des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Dies ist ein Gesamturteil über den möglichen weiteren wirtschaftlichen Unternehmensverlauf, und zwar insbesondere bezogen auf die Fähigkeit, jederzeit die fälligen Verbindlichkeiten begleichen zu können. Bei der positiven insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose kommt es darauf an, dass die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit innerhalb des Prognosezeitraums mit überwiegender Wahrscheinlichkeit begründbar ist. Drohende Zahlungsunfähigkeit setzt mithin voraus, dass der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher ist als deren Vermeidung. Dies ist dann der Fall, wenn nach dem Abwägen aller für die Fortbestehensprognose relevanten Umstände mehr Gründe dafür sprechen als dagegen. Maßgeblich ist die Sicht der gesetzlichen Vertreter, denen ein gewisser Beurteilungsspielraum zugebilligt werden muss.

    Im Falle einer positiven Fortbestehensprognose liegt keine Überschuldung vor; die Aufstellung eines Überschuldungsstatus ist in diesem Fall nicht erforderlich. Ist die Prognose hingegen negativ, ist festzustellen, ob neben der drohenden Zahlungsunfähigkeit auch der Insolvenzeröffnungsgrund der Überschuldung vorliegt. Dazu sind das Vermögen und die Schulden in einem stichtagsbezogenen Status (Überschuldungsstatus) gegenüberzustellen. Ein sich daraus ergebendes negatives Reinvermögen begründet eine Insolvenzantragspflicht.

    Gerd Nießen
    Rechtsanwalt
    Fachanwalt für Steuerrecht

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