Bitcoin – Währung oder Wagnis?
Rechtsprechung | KG Berlin, Urteil vom 25. September 2018 – (4) 161 Ss 28/18 (35/18)
Die rechtliche Einordnung des Bitcoinhandels ist bislang alles andere als eindeutig. Umso stärker dürfte der Impuls sein, der nun von einem aktuellen Urteil des Berliner Kammergerichts ausgeht.
Ausgangspunkt der Entscheidung war ein Strafverfahren gegen den Betreiber einer Internetplattform, auf der Kontakte zwischen Käufern und Verkäufern sogenannter Bitcoins vermittelt wurden. Mit diesem Geschäftsmodell erwirtschaftete der spätere Angeklagte innerhalb weniger Wochen Einnahmen in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro. Nachdem die Gelder auf ein polnisches Bankkonto transferiert und die polnischen Behörden wegen des Verdachts der Geldwäsche eingeschritten waren, erhob die Staatsanwaltschaft Anklage vor dem Amtsgericht Tiergarten.
Das Amtsgericht ordnete Bitcoins als Finanzinstrument im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) ein und sah daher in dem betriebenen Bitcoinhandel die illegale Abwicklung erlaubnispflichtiger Geschäfte nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe hatte in der Berufung vor dem Landgericht Berlin jedoch keinen Bestand, da das Landgericht Bitcoins nicht als Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 KWG auffasste.
Der Währungscharakter des Bitcoins
Der vierte Strafsenat des Kammergerichts bestätigte in der Revision schließlich die Ansicht des Landgerichts. In ihrem Urteil vom 25. September 2018 lehnen die Richter eine Einordnung des Bitcoins als Rechnungseinheit nach § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 KWG und damit als Finanzinstrument ab.
Die Urteilsbegründung stützt sich dabei auf die spezifischen Besonderheiten des Bitcoins, eines durch computergesteuerte Rechenvorgänge geschaffenen Zahlensystems. So seien die zur Erzeugung von Bitcoins nötigen Rechenoperationen von jedermann ausführbar, der über die erforderliche technische Ausrüstung und Kenntnisse verfüge. Anders als bei „klassischen“, etwa durch Zentralbanken ausgegebenen Währungen stehe hinter dem Bitcoin also keine zentrale (juristische) Person als Emittent. Dies habe zweierlei zur Folge: Zum einen gebe es keine übergeordnete Instanz, die regulierend auf den Schöpfungs- und Ausgabeprozess einwirken könnte. Zum anderen hänge – nicht zuletzt dadurch – der Wert des Bitcoins allein von der Akzeptanz seiner Nutzer ab, was die Gefahr unvorhersehbarer und extrem starker Wertschwankungen berge.
Aus diesen Gründen fehle es dem Bitcoin an „allgemeiner Anerkennung und […] entsprechender […] Wertbeständigkeit“. Beides nach Ansicht des Senats unerlässliche Charakteristika einer mit Devisen gleichgestellten Rechnungseinheit.
Staatsorganisatorische Kritik
Mit seinem Urteil steht das Kammergericht in Opposition zur Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Diese stuft den Bitcoin klar als sogenannte virtuelle Währung ein, indem sie ihn als Rechnungseinheit im Sinne des KWG qualifiziert. Von diesem Standpunkt aus wäre eine Strafbarkeit des Bitcoinhandel-Anbieters nach dem KWG unschwer anzunehmen.
Eben diese Einordnung hält das Kammergericht aus staatsorganisatorischer Sicht indes für bedenklich. So sei die Einschätzung der BaFin ein „rechtsgestaltender Eingriff“ einer Bundesbehörde in geltende (Straf)Gesetze. Denn strafrechtliche Normen müssen aufgrund des Bestimmtheitsgebots in Art. 103 Abs. 2 GG zwingend so formuliert sein, dass der Adressat grundsätzlich allein anhand des Wortlauts einschätzen kann, ob sein weiteres Verhalten strafbar sein könnte oder nicht. Die Entscheidung über Strafbarkeit oder Straffreiheit im Bitcoinhandel sei deshalb Sache des parlamentarischen Gesetzgebers – und nicht der Einschätzung durch eine Bundesbehörde.
Thomas Wilhelm
Diplom-Jurist