Internationale Gerichtszuständigkeit
Rechtsprechung: EuGH, Urteil vom 04.12.2014 – C-295/13
Für Klagen gegen Geschäftsführer mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat sind auch die Gerichte des Eröffnungsstaats zuständig.
Aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens hat der EuGH entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.05.2000 über Insolvenzverfahren (EulnsVO) unter Berücksichtigung insbesondere der praktischen Wirksamkeit dahin auszulegen ist, dass er dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, für Klagen, die unmittelbar aus diesem Verfahren hervorgehen und in engem Zusammenhang damit stehen, auch eine internationale Zuständigkeit zuweist. Im zugrunde liegenden Fall nahm der Insolvenzverwalter den in der Schweiz wohnhaften Geschäftsführer vor den deutschen Gerichten im Wege des § 64 GmbHG in Anspruch. Das angerufene Gericht legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.05.2000 über Insolvenzverfahren (EulnsVO) auch für Klagen gemäß § 64 GmbHG gegen den nicht im Eröffnungsstaat wohnhaften Geschäftsführer eingreife.
Für die Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 1 EuInsVO komme es darauf an, dass die Klage tatsächlich unmittelbar aus einem Insolvenzverfahren hervorgehe und damit in engem Zusammenhang stehe. Der Umstand, dass Ansprüche nach § 64 GmbHG auch außerhalb eines Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten, stehe dem nicht entgegen, solange die Klage im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erhoben werde. Eine Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.05.2000 über Insolvenzverfahren (EulnsVO) in dem Sinne, dass eine auf § 64 GmbHG gestützte Klage, die im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erhoben wird, nicht zu den unmittelbar aus einem Insolvenzverfahren hervorgehenden und in einem engen Zusammenhang damit stehenden Klagen gehören würde, würde daher eine künstliche Unterscheidung zwischen einer solchen Klage und vergleichbaren Klagen – wie etwa den Insolvenzanfechtungsklagen – schaffen, und zwar allein deshalb, weil die auf § 64 GmbHG gestützte Klage theoretisch auch ohne ein Insolvenzverfahren erhoben werden könnte. Einer derartigen, jeder Grundlage in den einschlägigen Bestimmungen der VO Nr. 1346/2000 entbehrenden Auslegung kann nicht gefolgt werden.
Jessica Kießling
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Insolvenzrecht