Kryptowährung für Einsteiger
Rechtsanwältin Cornelia Wiesmeier erklärt den Zweck, die Funktion von Kryptowährung(en) und geht darauf ein, wie diese Zahlungsform in der Praxis sichergestellt sowie zurückgeführt werden kann.
Bitcoin, Ethereum, Ripple und Co – alles rund um Kryptowährung
Frau Wiesmeier, Sie haben sich intensiv mit Kryptowährungen im Zusammenhang mit verschiedenen Insolvenzverfahren, insbesondere mit Kriminalinsolvenzen, auseinandergesetzt, in denen Anlagegeschäfte mit hohen Renditen versprochen wurden. Die eingeworbenen Gelder wurden zuletzt auch in Form von Kryptowährung angenommen. Bitte geben Sie uns hier einen kurzen Einblick in die Verfahren.
Insbesondere in vielen Kriminalinsolvenzen treten Unternehmen auf, die mit hohen Renditen versprechenden Anlagemodellen werben. Dabei werden insbesondere Verbraucher angehalten, Investitionen in Projekte zu tätigen, die dann Renditen von teilweise über 50 % p. a. erzielen sollen. Tatsächlich werden die „Anlagen“ der Kunden meist nicht wie angekündigt investiert, sondern für private Zwecke des Schuldners verwendet. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens können Geldzahlungen der Kunden in der Regel auf privaten Konten des Schuldners sichergestellt werden, soweit diese noch nicht verbraucht wurden. Die Nachverfolgung der Anlagen, die in Kryptowährung geleistet wurden, stellt gerade für Insolvenzrechtler eine neue Herausforderung dar.
In den letzten Jahren hat die Bedeutung von Kryptowährungen, insbesondere der Bitcoin, stark zugenommen. Aber was sind Kryptowährungen überhaupt?
Bildlich gesprochen handelt es sich um virtuelle Geldeinheiten, die ausschließlich als Zahlungsmittel im Internet verwendet werden. Im Gegensatz zum herkömmlichen Geldverkehr ist Kryptowährung nicht körperlich vorhanden, sodass der Inhaber von Kryptowährung nichts von seinem Konto abheben bzw. sich Bitcoin auszahlen lassen kann. Er verfügt auch nicht über einen bestimmten Betrag an Kryptowährung. Vielmehr bestimmt der aktuelle Kurs den Wert der jeweiligen Kryptowährung. Dieser kann bekanntermaßen stark schwanken.
Wie funktioniert dieses Zahlungssystem?
Jeder Nutzer erwirbt zunächst ein „Wallet“, die sog. elektronische Brieftasche. Ein Wallet ist eine Adresse mit einem öffentlichen und einem privaten Schlüssel. Der Austausch von Bitcoins (Transaktion) erfolgt auf einem gemeinsam genutzten öffentlichen Buchungssystem, der Blockchain. Dabei werden von einem oder mehreren öffentlichen Schlüsseln Transaktionen auf einen oder mehrere öffentliche Schlüssel getätigt. Als Nachweis, dass die Transaktion durch den Eigentümer der „Wallet“ erfolgt, wird die Transaktion durch den privaten Schlüssel signiert und damit verifiziert. Die rein tatsächliche Verfügungsgewalt über die Bitcoins wird daher ausschließlich über den privaten Schlüssel ermöglicht. Der private Schlüssel stellt somit auch die einzige vermögenswerte Position dar, da nur dieser es ermöglicht, Transaktionen durchzuführen und über den jeweiligen Wert der Kryptowährung zu verfügen. In welcher Form und wo der private Schlüssel verwahrt wird – also elektronisch oder in Papierform – bleibt dem Nutzer überlassen.
Welchen Zweck verfolgt diese Währung? Reicht normales Geld nicht mehr aus?
Kryptowährung ist im Grunde so zu betrachten wie Spielgeld bei Brett- oder Videospielen. Statt „im Spiel“ zu bezahlen, bezahlt man bei Kryptowährung jedoch z. B. Dienstleistungen im realen Leben. Der Unterschied zu echtem Geld liegt darin, dass keine Banken dazwischen geschaltet sind. Die Währung wird weder kontrolliert noch irgendwie gesteuert. Somit erreicht man mit dieser digitalen Währung eine große Unabhängigkeit. Verschleierung spielt eine große Rolle. Durch ein komplexes dezentrales Protokollsystem wird so die Identität des einzelnen Users verschleiert und man kann Überweisungen tätigen, ohne dass irgendwo festgehalten wird, was gekauft wurde. In diesem System wird lediglich abgebildet, dass Geld transferiert wurde. Z. B. drei Bitcoins von Konto X auf Konto Y. Niemand weiß wofür das digitale Geld ausgegeben wurde. Dies allein macht Kryptowährung sehr attraktiv für Personen, die nicht offenlegen möchten, wofür sie ihr Geld ausgeben.
Wie kann die Kryptowährung des Schuldners sichergestellt und den Geschädigten zurückgeführt werden?
In der Praxis gestaltet sich dies sehr schwierig. Wie oben dargestellt, ist Kryptowährung gerade nicht körperlich vorhanden, d.h. es ist nicht möglich, eine Bank anzuschreiben und evtl. Guthaben herauszuverlangen. Ebenso wenig können die „Bitcoin“ durch bloße Inbesitznahme sichergestellt werden. Im üblichen bargeldlosen Verkehr kann der jeweilige Vertragspartner des Schuldners, in der Regel die Bank, angewiesen werden, Verfügungen des Schuldners nicht mehr zuzulassen. Bei Bitcoin-Transaktionen gibt es gerade keinen Vertragspartner, vielmehr finden die Transaktionen auf der öffentlich genutzten und einsehbaren Blockchain statt. Um den Schuldner an Verfügungen zu hindern, kann letztlich also nur der private Schlüssel sichergestellt werden.