BREXIT: Auswirkungen auf Insolvenzverfahren und Restrukturierung
Seit 01.01.2021 ist der Brexit nun endgültig vollzogen. Das Vereinigte Königreich hat die Europäische Union (EU) – und somit den Binnenmarkt, die Zollunion und das harmonisierte Umsatzsteuergebiet – verlassen.
Bis zum Brexit war auf Insolvenzverfahren mit grenzüberschreitenden Bezügen zum Vereinigten Königreich die Europäische Insolvenzverordnung (Verordnung (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren – EuInsVO) anwendbar. Diese enthält unmittelbar geltende Regelungen zur internationalen Zuständigkeit der Insolvenzgerichte, zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Insolvenzverfahren und insolvenznahen Verfahren (wie insbesondere Anfechtungsverfahren) sowie zum anwendbaren Insolvenzrecht.
Am 24.12.2020 wurde das Handels- und Kooperationsabkommen zur Regelung des zukünftigen, neuen Verhältnisses zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU (UK-EU Trade and Cooperation Agreement) abgeschlossen, was allerdings die Zusammenarbeit in Sachen Insolvenz und Sanierung nicht regelt.
Das zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU vereinbarte Austrittsabkommen sieht in Artikel 67 Abs. 3 Buchstabe c vor, dass die EuInsVO weiterhin auf Insolvenzverfahren und insolvenznahe Verfahren Anwendung findet, sofern das Hauptverfahren vor dem Ende der Übergangsfrist, d.h. dem 31.12.2020, eröffnet wurde. Ab dem 01.01.2021 ist UK daher ein Drittland im Sinne des EU-Rechts. Die Anerkennung und Vollstreckung insolvenzrechtlicher Entscheidungen richten sich seither nach dem autonomen britischen und deutschen internationalen Insolvenzrecht.
Was die Restrukturierungsrichtlinie betrifft, so ist das Vereinigte Königreich nicht verpflichtet, diese umzusetzen. Allerdings erfüllt das britische Restrukturierungsregime bereits viele der Anforderungen der Richtlinie, insbesondere durch eine alternative Form des „Scheme of Arrangement“ für Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten sowie ein neues, leichter zu erreichendes Memorandum.
Incoronata Cruciano
Rechtsanwältin