Newsletter 1/2024 – Immobilienbranche in der Krise
Insolvenzwelle trifft Projektentwickler und Baubranche
In den letzten Monaten wurde vermehrt über eine zunehmende Welle von Insolvenzen im Immobiliensektor berichtet. Vor allem die Insolvenz- und Sanierungsverfahren der österreichischen Signa-Gruppe und ihrer Tochtergesellschaften sorgten für Schlagzeilen. Dabei führen aber auch die Insolvenzen von weniger prominenten oder regionalen Immobilienentwicklungsprojekten teilweise zu Verzögerungen bei der Fertigstellung von Bauprojekten, Verlusten für Investoren und Banken sowie in einigen Teilbereichen zu einem möglichen Rückgang der Immobilienpreise.
Im Jahr 2023 mussten allein 27 Großunternehmen aus dem Immobiliensektor mit einem Jahresumsatz von über zehn Millionen Euro Insolvenzanträge gemäß einer jüngsten Analyse der Unternehmensberatung Falkensteg stellen. Die Gesamtzahl der Insolvenzfälle von Immobilienunternehmen stieg über alle Umsatzklassen hinweg von 848 auf 1164 Fälle, was einem Anstieg um fast ein Drittel entspricht. Während die Zahl der Insolvenzanträge bei Bauunternehmen stabil blieb, verzeichneten Projektentwickler und Bauträger einen Anstieg um 80,1 Prozent. Im vergangenen Jahr mussten demnach 578 Projektentwickler und Bauträger einen Insolvenzantrag einreichen.
Der deutsche Immobilienmarkt ist vor allem seit den vergangen zwei Jahren von Veränderungen und Herausforderungen geprägt. Das Immobilien- und Investmentmanagementunternehmen Colliers gab das Gesamttransaktionsvolumens in 2023 mit rund 32 Milliarden Euro an, was dem Niveau von 2011 entspricht und dieses damit im Vergleich zu dem langanhaltenden Aufschwung der Jahre 2013 bis 2022, die von niedrigen Zinsen geprägt waren, um mehr als die Hälfte gesunken ist. Vor allem Büroprojekte stecken in der Krise, Berlin und Hamburg sind unter den sog. Top 7-Städten am stärksten betroffen. In Frankfurt und Stuttgart ist eine Insolvenzwelle dagegen bislang kaum zu spüren.
Die Auswirkungen der Zinswende wurden erst mit einer gewissen Verzögerung spürbar, wobei Investoren nun eine allmähliche Verbesserung des Finanzierungsumfelds in den kommenden Monaten erwarten. Gleichzeitig trübte sich der makroökonomische Ausblick erneut ein, beeinfl usst durch weltwirtschaftliche Unsicherheiten sowie die Konflikte in der Ukraine und im Gaza-Streifen. Strukturelle Defizite und die seit dem Novemberurteil des Bundesverfassungsgerichts unsichere Haushaltslage trugen zusätzlich zur Belastung des Wirtschafts- und Investitionsklimas bei. Für das Jahr 2024 wird ein Transaktionsvolumen von leicht über 30 Milliarden Euro als realistisch angesehen, obwohl die Insolvenzwelle noch nicht abgeschlossen ist und die Finanzierungskosten weiterhin hoch bleiben. Diese erhöhte Kapitalbeschaffung führt zu einem verstärkten Verkaufsdruck und mehr Transaktions-aktivitäten, wobei Portfoliobereinigungen an Bedeutung gewinnen.
Eine eingehendere Analyse des Markts zeigt, dass Logistikimmobilien im zweiten Halbjahr 2023 aufgrund zahlreicher Portfolio-verkäufe das begehrteste Segment waren. Auf der anderen Seite hat der Wohninvestmentmarkt die Talsohle durchschritten, und ein positiver Ausblick für 2024 wird erwartet. Die Mieten sind weiter gestiegen, insbesondere in den Top 7-Städten, und es wird erwartet, dass sich dieser Trend aufgrund eines massiven Rückgangs im Wohnungsneubau auch 2024 fortsetzen wird.
Insgesamt bleibt das Interesse an Wohnimmobilien hoch, und eine höhere Investmenttätigkeit wird im Jahresverlauf erwartet, vorausgesetzt, dass sich die Finanzierungskonditionen stabilisieren. Dennoch ist mit einer moderaten Konjunkturerholung erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 zu rechnen, während strukturelle Herausforderungen und globale Unsicherheiten weiterhin den Markt beeinflussen. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Immobilienmarkt unter diesen Bedingungen weiter entwickelt und welche Chancen sich für Investoren eröffnen werden.
Den kompletten Artikel lesen Sie im Newsletter 1/2024.
Roy Lublow
Rechtsanwalt