Zahlung eines Komplementärs auf Verbindlichkeiten
Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 29.10.2015 – IX ZR 123/13
Zahlung eines Komplementärs auf Verbindlichkeiten der KG sind keine unentgeltlichen Leistungen im Sinne des § 134 InsO
I. Sachverhalt: Sowohl über das Vermögen der M-GmbH als auch über das Vermögen der O-GmbH & Co. KG ist im Januar 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die M-GmbH ist Komplementärin der O-GmbH & Co. KG, die von der Beklagten regelmäßig mit Kraftstoffen beliefert worden war. Im Zeitraum von Januar bis Februar 2010 hat die M-GmbH die offenen Rechnungen der Beklagten beglichen, da die O-GmbH & Co. KG zum Zeitpunkt der Zahlungen bereits zahlungsunfähig war. Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der M-GmbH hat eine auf Rückgewähr der geleisteten Zahlungen gerichtete Klage gegen die Beklagte erhoben. Nachdem die Klage in den Vorinstanzen jeweils keinen Erfolg hatte, hat der BGH die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.
II. Die Entscheidung: Der BGH hat entschieden, dass kein Anspruch des Klägers aus §§ 143, 134 InsO besteht. Dies begründet er im Wesentlichen wie folgt:
1. Zahlung auf eigene (Haftungs-)Verbindlichkeiten: Soweit ein Komplementär unmittelbar Zahlungen auf seine Haftungsverbindlichkeiten erbringt, handelt es sich um Leistungen im Zwei-Personen-Verhältnis. Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung dann unentgeltlich, wenn dem Leistenden – hier dem Komplementär – keine gleichwertige Gegenleistung zustehen soll. Die Erfüllung einer eigenen Verpflichtung ist wegen der damit bewirkten Schuldbefreiung aber stets entgeltlich, sodass eine Zahlung auf (eigene) Haftungsverbindlichkeiten nicht gemäß § 134 InsO anfechtbar ist.
2. Zahlung auf fremde Verbindlichkeiten: Soweit der Komplementär ausdrücklich auf die Verbindlichkeiten der KG leistet, handelt es sich um eine Leistung im Drei-Personen-Verhältnis. Im Drei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung dann unentgeltlich, wenn der Zuwendungsempfänger – hier also die Beklagte – ein Vermögensopfer erbringt. Dieses Vermögensopfer liegt regelmäßig darin, dass der Zuwendungsempfänger durch die Leistung des Dritten eine werthaltige Forderung gegen seinen eigentlichen Schuldner – hier die KG – verliert. Wenn die Forderung gegen den eigentlichen Schuldner wegen dessen Zahlungsunfähigkeit nicht (mehr) werthaltig ist, liegt in der Regel eine unentgeltliche Leistung vor, weil der Zuwendungsempfänger eben kein Vermögensopfer erbringt. Im konkreten Fall war die Forderung gegen die KG wertlos, sodass es naheliegt, von einer unentgeltlichen Leistung auszugehen. Es ist aber zu berücksichtigen, dass zusammen mit der (wertlosen) Forderung gegen die KG auch die akzessorische Haftung der Komplementärin nach §§ 161, 128 HGB erloschen ist. Im Freiwerden von dieser Schuld liegt der Ausgleich im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Komplementärin.
Dabei kommt es nach Auffassung des BGH auch nicht darauf an, ob der (Haftungs-)Anspruch gegen die Komplementärin selbst werthaltig war. Wenn der Zuwendungsempfänger nämlich einen eigenen Anspruch gegen den Leistenden hat, kann es keine Rolle spielen, ob der Leistende seine Verbindlichkeiten unmittelbar zum Erlöschen bringt (s.o. Zwei-Personen-Verhältnis) oder mittelbar als Folge der Akzessorietät der Haftungsansprüche.
Cornelia Wiesmeier
Rechtsanwältin