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    Insolvenz von Fluggesellschaften oder dem Reiseveranstalter: Wenn der Urlaub zur Pleite wird

    Beitragsserien: Insolvenzverwaltung

    Die Insolvenzen verschiedener Airlines und jüngst des britischen Reiseveranstalters Thomas Cook verunsichern derzeit viele Verbraucher. Auch wenn die meisten der 140 000 Urlauber aus Deutschland, die von der Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook und seiner Tochterunternehmen überrascht wurden, inzwischen wieder wohl behalten zu Hause angekommen sein dürften, bleiben viele Fragen offen: Wer hilft gestrandeten Urlaubern – und wann gibt es Geld zurück? Hier einige fachkundige Antworten.

    Wie sind Pauschalreisende konkret durch den gesetzlichen Insolvenzschutz abgesichert?

    Wer eine Pauschalreise bucht, also eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise wie beispielsweise Flug und Unterkunft (vgl. § 651a Abs. 2 BGB), ist dank der LiegestuhlEU-Pauschalreiserichtlinie rechtlich bessergestellt als Individualreisende. Der Reiseveranstalter muss nämlich sicherstellen, dass Pauschalreisende bei seiner Insolvenz den Reisepreis erstattet bekommen und vom Urlaubsort zurückbefördert werden. Hierzu sind alle Reiseveranstalter innerhalb der EU verpflichtet. In Deutschland ist dies in § 651r BGB geregelt und die Reiseveranstalter müssen dem Reisenden diese Absicherung durch einen sogenannten Sicherungsschein nachweisen, der üblicher Weise den Reiseunterlagen beiliegt.

    Der Versicherer kann seine Haftung aber für die von ihm in einem Geschäftsjahr insgesamt zu erstattenden Beträge auf 110 Millionen Euro begrenzen. Daher ist im Fall des Reiseveranstalters Thomas Cook unklar, ob diese Versicherungssumme ausreicht und wirklich alle betroffenen Pauschalreisekunden eine vollständige Erstattung ihres Reisepreises erhalten; anderenfalls wären verbleibende Restforderungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens geltend zu machen. Ist die Reise noch nicht angetreten, sollte man zudem prüfen, ob bereits (an-)gezahlte Gelder durch die Bank gegebenenfalls noch zurückgebucht werden können. Möglicherweise ist man bei einem kleineren Anbieter also „sicherer“ aufgehoben, da der finanzielle Gesamtschaden geringer und die Chance größer ist, die gesamten Kosten erstattet zu bekommen.

    Was passiert, wenn eine Pauschalreise gebucht wurde und nicht der Reiseveranstalter geht pleite, sondern die Airline?

    Bei einer Insolvenz der Airline brauchen sich Pauschalurlauber dagegen keine Sorgen zu machen, da ihnen der Reiseveranstalter einen kostenfreien Ersatzflug, z. B. mit einer anderen Fluggesellschaft, zur Verfügung stellen muss. Daher ist eine kostenfreie Stornierung der Reise wegen einer Insolvenz der Airline grundsätzlich nicht möglich.

     Dürfen Pauschalurlauber von Hotels festgehalten werden?

    Urlauber können in Unterkünften nicht in einer Art „Geiselhaft“ am Reiseziel festgehalten werden; dies stellt – rechtlich gesehen – unter Umständen eine strafbare Freiheitsberaubung dar. Der Hotelier hat nämlich keinen Vertrag mit dem Reisenden geschlossen, sondern mit dem Reiseveranstalter. Daher kann er auch keine Ansprüche unmittelbar gegenüber dem Urlauber geltend machen.

    Hält der Sicherungsschein nun was er verspricht?

    Der Sicherungsschein ist also mehr als nur ein bedrucktes Stück Papier, das Reisende bei der Buchung einer Pauschalreise automatisch erhalten – und dann gerne beiseitelegen. Er ist im Falle der Insolvenz ein wichtiges Dokument und sollte daher für den Notfall zusammen mit den übrigen Reiseunterlagen mitgeführt werden.

    Wie ist die Rechtslage bei Individualreisenden?

    Schlecht sieht es jedoch für Kunden aus, die bei insolventen Anbietern Einzelleistungen, wie z. B. Unterkunft oder Flug, gebucht und bezahlt haben, da die gesetzliche Insolvenzabsicherung nur für Pauschalreisende einspringt und diese Anbieter das Risiko ihrer eigenen Insolvenz grundsätzlich nicht absichern müssen. Hier trägt z. B. der Fluggast das Risiko, dass der Flug möglicherweise nicht (mehr) stattfindet, selbst.

    Mit der Buchung des Fluges hat der Passagier Anspruch auf die Durchführung des Fluges oder die Rückerstattung des Ticketpreises. Ist die Airline jedoch insolvent und wird der Flug wegen der Insolvenz annulliert, bleibt ihm nur die Anmeldung seiner Forderungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens (z. B. Rückerstattung des Ticketpreises; Erstattung von Mehrkosten für einen selbst gebuchten Ersatzflug oder für die Stornierung eines schon gebuchten Mietwagens).

    Ist die Flugreise noch nicht angetreten, kann der Flug grundsätzlich auch storniert werden. Die Fluggesellschaft kann aber gegebenenfalls Stornogebühren verlangen, wenn der gebuchte Flug – trotz Insolvenz – noch durchgeführt wird. Nicht selten finden sich nämlich für insolvente Airlines Investoren, die schon gebuchte Flüge vertragsgemäß durchführen; auch der Insolvenzverwalter kann bestimmen, dass bestehende Buchungen bzw. Verträge noch erfüllt werden.

    Nach Insolvenz: Gestrandet am Urlaubsort – was tun?

    Sofern bereits ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter bestellt ist, sollte sich der Urlauber wegen der Rückreise mit dessen Büro in Verbindung setzen; in der Regel wird er versuchen, bereits angetretene Flugreisen noch durchzuführen.

    Wird der vertraglich vereinbarte Rückflug dagegen nicht durchgeführt und entstehen dem Fluggast deswegen zusätzliche Kosten für die Rückreise (z. B. wegen der Buchung eines Ersatzfluges), müssen diese Kosten nach der Rückkehr ebenfalls im Rahmen des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden.

    Bei Buchung eines Hotels wird auf der Homepage gleich noch ein Mietwagen vermittelt – ist das eine Pauschalreise?

    Nein! Von der Pauschalreise zu unterscheiden ist die in § 651w BGB geregelte „Vermittlung verbundener Reiseleistungen“. Hier bucht der Reisende kein Leistungspaket. Er schließt vielmehr für eine Reise einzelne Verträge mit verschiedenen Anbietern (z. B. bei der Buchung über die Homepage eines Hotels wird noch ein Mietwagen vermittelt) ab und zahlt alle Leistungen einzeln.

    Aber: Auch der Vermittler verbundener Reiseleistungen muss seine eigene Insolvenz absichern, wenn er eigene Reiseleistungen erbringt oder wenn er für die vermittelten Reiseleistungen den Zahlungsverkehr organisiert. Der Nachweis der Insolvenzabsicherung wird hier ebenfalls durch den Sicherungsschein erbracht; § 651r Abs. 2 bis 4 BGB gelten entsprechend.

    Wie stehen meine Chance ohne Sicherungsschein, also als Individualreisender, mein Geld zurückzuerhalten?

    Alle nicht über den Sicherungsschein abgedeckten Ansprüche können Reisende in der Regel nur noch durch eine Anmeldung zum Insolvenzverfahren weiterverfolgen. Ob die Insolvenzmasse für alle betroffenen Kunden ausreicht, ist aber eher unwahrscheinlich; – de facto werden sie wohl leer ausgehen. Auch eine etwaig abgeschlossene Reiserücktritts- oder Reiseabbruchversicherung haftet in solchen Fällen in der Regel nicht.

     

    Winfried Bongartz

    Rechtsanwalt

     

    www.schiebe.de

     

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